Was ist die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) und wie erstellst du sie?

Es gibt zwei Methoden, als Unternehmer*in deinen Gewinn in einem Kalenderjahr zu ermitteln: Die einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (auch EÜR genannt) und die aufwändigere Bilanzierung. Die Gewinnermittlung dient dem Finanzamt als Grundlage für die Berechnung deiner Steuern. In diesem Artikel erfährst du, wer die einfachere EÜR nutzen kann und wie du sie erstellst.

Die meisten Freiberufler*innen und Selbstständige haben zumindest am Anfang ihrer Selbstständigkeit wenig Erfahrung mit der Buchhaltung. Die gute Nachricht: Die allermeisten von ihnen können auf die etwas komplizierte doppelte Buchführung verzichten.

Begriffe: EÜR oder E/A-Rechnung

In Deutschland spricht man von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung, abgekürzt EÜR. In Österreich wird das Verfahren “Einnahmen-Ausgaben-Rechnung”, kurz E/A-Rechnung, genannt. Das Prinzip ist das Gleiche.

Wer darf die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nutzen?

Ob du berechtigt bist, deine Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) zu ermitteln, formuliert das Gesetz negativ: Es ist dann der Fall, wenn du keine Bilanz aufstellen musst (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG).

  • Freiberufler*innen (unabhängig von Gewinn und Umsatz
  • Kleinunternehmer mit einem Umsatz unter 22.000 Euro im Monat
  • Gewerbetreibende, für die kein Eintrag ins Handelsregister erforderlich ist (Kleingewerbe) und deren Gewinn unter 60.000 Euro und Umsatz unter 600.000 Euro im Jahr bleibt

Wer muss eine Bilanz erstellen?

Einzelkaufleute oberhalb der gerade genannten Umsatz- und Gewinngrenzen müssen Bücher führen. Laut Gesetz sind außerdem all diejenigen, die sich im Handelsregister eintragen lassen, Kaufleute und damit bilanzierungspflichtig. Daraus ergibt sich auch die Buchführungspflicht aller Personen- und Kapitalgesellschaften wie GmbH, AG oder GmbH & Co. KG.

Unterschiede zwischen EÜR und Bilanzierung

Die formlose Gewinnermittlung mit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist einfach und übersichtlich. Von diesen Vorteilen kannst du profitieren:

  • Es ist keine Aufstellung eines Jahresabschlusses mit Bilanz, Anhang, Lagebericht nötig.
  • Da kein Vermögen verglichen wird, werden weder Inventur noch Bewertung von Vorräten benötigt.
  • Erfasst werden Ausgaben und Einnahmen, ein umfangreicher Sachkontenrahmen wird nicht eingerichtet und bebucht.
  • Für die Besteuerung gilt das Zufluss-Abfluss-Prinzip, entscheidend ist stets nur der Geldein- oder -ausgang.
  • Bei jahresübergreifenden Sachverhalten unterbleibt die periodengerechte Abgrenzung.
  • Es ist keine Kreditoren- und Debitoren-Buchhaltung notwendig.

Natürlich hat die Einnahmen-Überschuss-Rechnung auch Nachteile, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Sie trifft keine Aussagen über dein Vermögen als Selbstständiger. Damit kann deine wirtschaftliche Lage auch nicht von Banken beurteilt werden. Die Aufnahme eines Kredites wird dir damit erschwert. Aufgrund des Zufluss-Abfluss-Prinzips hast du auch keine Möglichkeit, Rücklagen oder gewinnmindernde Rückstellungen zu bilden.

Besonderheiten der EÜR

Auf den ersten Blick wirkt die Einnahmen-Überschuss-Rechnung sehr simpel und übersichtlich – im Detail hat sie jedoch ihre Tücken. So gelten für einige Beträge, Waren und Dienstleistungen gesonderte Vorschriften zur Verbuchung. Ein Beispiel: Die Anschaffungskosten für Wertpapiere, Grundstücke oder Gebäude (Umlaufvermögen) kannst du erst dann als Betriebsausgabe absetzen, wenn sie verkauft sind und du den entsprechenden Zahlungseingang verbuchst.

Darlehen und deren Tilgung werden in der EÜR neutral behandelt. Der Geldbetrag, der dir als Darlehen zufließt, gilt nicht als Betriebseinnahme. Der Betrag, den du zur Tilgung des Darlehens aufwendest, gilt nicht als Betriebsausgabe. Aber: Darlehenskosten und Zinszahlungen sind als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Eine große Besonderheit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung betrifft regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben wie Miete, Pacht oder Umsatzsteuervorauszahlungen. Erhältst oder leistest du die Zahlungen innerhalb von zehn Tagen vor oder nach dem Jahreswechsel, wird der Posten nicht im Jahr der Zahlung verbucht, sondern im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit.

Das Zufluss-Abfluss-Prinzip

Das Zufluss-Abfluss-Prinzip nach § 11 EStG ist eine Besonderheit der EÜR und unterscheidet sich maßgeblich von der klassischen Gewinn- und Verlustrechnung (GUV). Es besagt, dass du lediglich die Einnahmen und Ausgaben in deiner Buchführung berücksichtigst, die du im jeweiligen Wirtschaftsjahr eingenommen beziehungsweise ausgegeben hast. Wann die Forderung oder Verbindlichkeit entstanden ist, spielt dabei keine Rolle.

Ein Beispiel: Wenn du eine Rechnung an einen Kunden schreibst, verbuchst du die Einnahmen nicht nach dem Rechnungsdatum (= Entstehung der Forderung), sondern nach dem Datum des Zahlungseingangs. Für dich hat das zum Vorteil, dass du keine Forderungen versteuern musst, für die noch gar keine Zahlungen eingegangen sind (etwa bei Zahlungsverzug des Kunden).

Besonderheiten bei Abschreibungen

Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung bietet dir vor allem bei Abschreibungen zahlreiche Gestaltungs- und Optimierungsoptionen. Zur Verfügung stehen dir unter anderem:

  • ein Wechsel von der linearen zur Leistungsabschreibung
  • die Zusammenfassung kleinerer Ausgaben und von Wirtschaftsgütern, die schnell wieder veräußert werden, zu Sammelposten
  • Sonderabschreibungen bis zu einer bestimmten Gewinnhöhe im Vorjahr
  • Nutzung des Investitionsabzugsbetrages (de facto Abschreibung von noch nicht angeschafften, aber für die Anschaffung vorgesehenen Gütern)
  • Wechsel der Abschreibungsmethode zur Optimierung der Betriebsausgaben und Senkung der Steuerschuld

So erstellst du eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Auf der Webseite des Online-Finanzamts Elster findest du alle notwendigen Formulare samt Anleitung. Neben der Einkommenssteuererklärung benötigst du

  • die Anlage EÜR für deine Gewinnermittlung
  • die Anlage G für die Berechnung der Gewerbesteuergrundlagen
  • die Anlage U für die Umsatzsteuerberechnung

Im Prinzip lässt sich dein Gewinn aus folgender Rechnung ermitteln:

Betriebseinnahmen – Betriebsausgaben = Gewinn

Was sind Betriebseinnahmen?

Als Erlöse oder Umsatz musst du alle jene Geldeingänge aufzeichnen, die du für deine erbrachten Leistungen oder gelieferten Waren von deinen Kunden erhältst. Dazu zählt auch die vereinnahmte Umsatzsteuer. Sachleistungen darfst du ebenfalls nicht vergessen:

  • der Eigenverbrauch von Waren, die du für private Zwecke entnimmst
  • die private Nutzung des Firmenfahrzeuges

Eine Einlage, die du aus privaten Mitteln zuführst oder die ein Dritter bei dir tätigt, zählt jedoch nicht zu deinen Betriebseinnahmen.

Was sind Betriebsausgaben?

Alle Aufwendungen, die dir bei der Ausübung deiner selbstständigen Tätigkeit entstehen, darfst du als Betriebsausgaben absetzen. Diese Ausgaben werden oft auch als Kosten bezeichnet. Betriebsausgaben sind also immer betrieblich veranlasst. Die wichtigsten sind

  • Wareneinkäufe
  • Miete oder Pacht
  • Verwaltungsausgaben (Porto, Gebühren, Telefon, Bankgebühren)
  • Raumkosten wie Strom oder Reinigung
  • Kfz-Aufwand (Treibstoff, Reparaturen, Versicherung, Steuer)
  • Reisekosten
  • Zinsen
  • Absetzung für Abnutzung (AfA, auch als Abschreibung bezeichnet)
  • die Vorsteuer, die dir deine Lieferanten in Rechnung stellen

Zu den nicht abziehbaren Betriebsausgaben zählen jedoch deine eigene Entlohnung und die Tilgung eines Kredites. Auszahlungen an dich gelten als private Entnahmen.

Was zählt zu den ergänzenden und zusätzlichen Angaben?

Ergänzende und zusätzliche Angaben sind Teil der Anlage EÜR im Rahmen der Steuererklärung – Grund genug, sie auch regelmäßig in deinem Journal festzuhalten. Zu den ergänzenden Angaben zählen stille Reserven und Rücklagen, die durch eine Überbewertung von Schulden oder eine Unterbewertung deines Vermögens entstehen können. Unter dem Punkt zusätzliche Angaben führst du Privatentnahmen und Privateinlagen an.

Geringwertige Wirtschaftsgüter, Anlagevermögen und AfA

Anschaffungs- und Herstellungskosten für Gegenstände, die über eine längere Zeit im Unternehmen verbleiben und nicht verbraucht werden, dürfen auch in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht sofort als Ausgabe abgezogen werden. Solche abnutzbaren Anlagegüter müssen jährlich Schritt für Schritt abgeschrieben werden. Damit erfolgt die Verteilung ihrer Kosten über die Nutzungsjahre. Grundlage sind die AfA-Tabellen, die vom Bundesfinanzministerium regelmäßig veröffentlicht werden und die Nutzungsdauer vorgeben. Computer zum Beispiel werden mit einer Nutzungsdauer von fünf Jahren veranschlagt – du darfst also jährlich 20 Prozent abschreiben. Maschinen dagegen sollen acht Jahre halten. Das führt zu einer Abschreibungsrate von 12,5 Prozent im Jahr. Als Betriebsausgabe musst du diese AfA-Werte in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung aufnehmen. Sie mindern deinen Gewinn.

Doch keine Regel ohne Ausnahme: So brauchen geringwertige, aber selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter (GWG) nicht über mehrere Jahre abgeschrieben werden. Entscheidend ist dabei ihr Kaufpreis: Zu den GWG gehören alle länger genutzten Güter mit einem Wert bis 800 Euro (netto). Wenn du sie als Ausgabe ansetzen willst, hast du die Wahl:

  • Du darfst sie in voller Höhe sofort abschreiben.
  • Du darfst sie einem Sammelposten zuführen und diesen über fünf Jahre abschreiben (dann dürfen die Gegenstände sogar bis zu 1.000 Euro kosten).
  • Du kannst sie regulär abschreiben.

Geringwertige Güter bis zu 250 Euro können ohne gesonderte Aufzeichnungspflichten sofort in die Kosten übernommen werden. Alle anderen müssen extra aufgelistet werden. Zu erfassen sind das Datum der Anschaffung und die entstandenen Ausgaben. Aber Achtung: Die hier angegebenen Euro-Beträge gelten erst bei einer Anschaffung ab dem Jahr 2018, vorher sind andere Werte zu berücksichtigen!

Das Einkommensteuergesetz erlaubt außerdem neben der regulären Abschreibung auch noch Sonderabschreibungen in den ersten vier Jahren der Anschaffung. Dein Gewinn darf im Vorjahr allerdings nicht höher als 100.000 Euro gewesen sein und die abnutzbaren Wirtschaftsgüter müssen zu mindestens 90 Prozent betrieblich genutzt werden. Die Sonderabschreibung beträgt dann im Anschaffungsjahr und in allen folgenden Jahren 20 Prozent. Innerhalb kürzester Zeit könntest du so die Anschaffungskosten als Ausgaben geltend machen.

Einnahmen und Ausgaben aufzeichnen ist Pflicht

Wie jeder andere Unternehmer auch, musst du deine Betriebseinnahmen und deine Ausgaben gesondert aufzeichnen. Enthalten sie unterschiedliche Mehrwertsteuersätze (meist 19 oder 7 Prozent), müssen diese getrennt erfasst werden. In der Anlage EÜR der Einkommensteuererklärung müssen die Kosten in bestimmten Kategorien angegeben werden – daher lohnt es sich, diese auch vorab zu ordnen. Empfehlenswert ist ebenfalls ein eigenes Geschäftskonto für die selbstständige Tätigkeit. So lassen sich alle Geschäftsvorfälle leichter nachweisen.

Excel-Vorlage, Software oder App für die EÜR?

Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung stellt nur geringe Anforderungen an die Aufzeichnungen. Das kannst du mithilfe von Excel-Tabellen gut erledigen. Im Internet findest du dazu viele kostenlose Vorlagen.

Inzwischen bieten auch Softwarehersteller Programme für die EÜR an. Gute Buchhaltungsprogramme überzeugen mit einer ELSTER-Schnittstelle für die Umsatzsteuervoranmeldung, sowie einer DATEV-Schnittstelle, mit der du alles an deinen Steuerberater übergeben kannst. Schaue dir verschiedene Software an. Viele von ihnen kannst du mit einer Demo-Version ohne Kosten testen.

Mit Buchhaltungs-Apps kannst du deine Transaktionen jederzeit vorbereiten, so dass du für die EÜR nur noch wenige Klicks benötigst. Moderne Konten wie das Online-Geschäftskonto von Holvi haben schon Buchhaltungsfeatures integriert, so dass du schneller deine EÜR erstellen kannst.

Fazit: Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist kein Hexenwerk

Gut organisiert ist die EÜR kein Hexenwerk, auch wenn du nur wenige Kenntnisse von Buchhaltung hast. Als Unternehmer bist du aber dafür verantwortlich, deine Aufzeichnungen so zu führen, dass die Gewinnermittlung erfolgen kann.

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Freiberufler*innen, Einzelunternehmen und Gewerbe (jeweils ohne Eintrag ins Handelsregister, keine GbRs);
GmbHs und UGs (auch in Gründung).

Alle hier genannten Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Wir weisen jedoch daraufhin, dass wir keine Haftung für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der gemachten Angaben übernehmen können. Insbesondere ersetzt dieser Inhalt keine rechtliche oder steuerliche Beratung im Einzelfall. Für eine Beratung in rechtlichen oder steuerlichen Angelegenheiten wende dich bitte an einen Anwalt oder Steuerberater deines Vertrauens.