Was ist ein freier Mitarbeiter – und was ist dabei zu beachten?
Freie Mitarbeiter*innen kommen in zahlreichen Branchen und Berufsfeldern vor: von der Film- und Fernsehindustrie bis hin zur Speditionsbranche. Allen gemein ist, dass sie die Vorteile von Selbstständigkeit und Angestelltendasein zu verbinden scheinen. Obwohl fest eingebunden, genießen sie ein hohes Maß an Freiheit im Arbeitsalltag. Dabei hat das Leben auch seine Besonderheiten und Herausforderungen. Hier wird erklärt, was genau freie Mitarbeiter von Arbeitnehmern unterscheidet und worauf du als Interessierter achten solltest, um Fehler zu vermeiden.
Freie Mitarbeit – was genau heißt das?
Freie Mitarbeiter*innen oder auch Freelancer*innen zählen dem Arbeitsrecht zufolge nicht zu Arbeitnehmern.
- Sie besitzen deshalb auch keine Arbeitnehmerschutzrechte
- Sie sind in der Regel nicht in die Organisationsstruktur eines Unternehmens eingegliedert
- Sie besitzen keinen klassischen Arbeitsvertrag
Basis ihrer Arbeit ist ein Dienst- oder Werkvertrag, der genauer festhält, welche Art von Arbeit verrichtet werden soll, welche Rechte und Pflichten daraus entstehen und welche Bezüge und Zahlungsbedingungen vereinbart worden sind.
Als Freelancer*in besitzt du somit einerseits ein hohes Maß an Freiheit, andererseits aber auch viel Eigenverantwortung. Du arbeitest weitgehend selbstständig, bestimmst also selbst, wann, wo und wie du arbeitest. Dabei bist du nicht weisungsgebunden und kannst zeitgleich für mehrere Projekte oder Kunden arbeiten. Du hast darüber hinaus jederzeit das Recht, Aufträge abzulehnen. Deine Arbeit organisierst du selbst in Abstimmung mit deinem Auftraggeber – etwa, wenn Deadlines eingehalten werden müssen. Außerdem darfst du grundsätzlich auch eigene Mitarbeiter einsetzen und bist also nicht verpflichtet, sämtliche Aufgaben selbst zu erledigen.
Unterschied zwischen freier Mitarbeiter, Freiberufler, Freelancer, fester Freier
Als freier Mitarbeiter hast du viele Namen, die oftmals synonym verwendet werden, aber nicht immer dasselbe bedeuten. Tatsächlich sind lediglich freier Mitarbeiter und Freelancer gleichbedeutend.
Freiberufler ist dagegen eine Unterscheidung im Steuerrecht. Welche Berufe darunter fallen, regelt § 18 Absatz 1 des Einkommenssteuergesetzes. Zu den sogenannten freien Berufen zählen unter anderem
- Ärzte, Heilpraktiker, Hebammen usw.
- Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater usw.
- Architekten, Ingenieure
- Journalisten, Dolmetscher, Übersetzer, Texter usw.
- Lehrer, Erzieher, Wissenschaftler sowie
- Schriftsteller und freischaffende Künstler.
Als feste Freie bezeichnet man vor allem in Medienbetrieben Mitarbeiter, die zwar grundsätzlich zu den freien Mitarbeiter*innen zählen, aber über einen längeren Zeitraum immer wieder Aufträge erhalten. Verwandt sind sie mit den Pauschalisten, die ein pauschales monatliches Entgelt erhalten und dafür Beiträge zu bestimmten Themengebieten liefern. Achtung: In diesem Fall überschreitest du schnell die Grenze zur Scheinselbstständigkeit!
Im Übrigen ist es auch möglich, als „Selbstständige/r mit einem Auftraggeber“ von den zuständigen Behörden eingestuft zu werden. In dem Fall gehst du zwar noch einer selbstständigen Tätigkeit nach – allerdings mit Einschränkungen. So bist du zum Beispiel verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen – und zwar nicht nur anteilig, sondern den vollen Betrag. Gründer können sich in den ersten drei Jahren ihrer Selbstständigkeit von dieser Pflicht auf Antrag befreien lassen.
Bezahlung und Vertragsverhältnis
Grundlage deiner freien Tätigkeit ist ein (meist befristeter) Vertrag, in der Regel ein Honorar-, Dienst- oder Werkvertrag. Darin vereinbarst du entweder ein abzulieferndes Ergebnis oder eine bestimmte Anzahl an Arbeitsstunden. Hinsichtlich der Bezahlung kannst du entweder eine Pauschale festsetzen oder du wirst pro Zeiteinheit oder Stück bezahlt. Dein Entgelt heißt Honorar oder Gage und beinhaltet lediglich das reine Arbeitsentgelt, aber keine Lohnnebenkosten. Kosten wie Betriebsausgaben musst du selbst tragen. Steuern musst du selbst an das zuständige Finanzamt abführen.
Vor- und Nachteile für Auftraggeber
Arbeitgeber setzen gern auf die freie Mitarbeit, wenn sie schwankende Auftragslagen ausgleichen müssen oder für ein Projekt einen Spezialisten benötigen. Gerade flexible, projektorientiert arbeitende Unternehmen schätzen Vorteile wie:
- bedarfsgerechte Planung, die schnell und exakt an aktuelle Anforderungen angepasst werden kann
- geringe Kosten, da Sozialabgaben, Prämien, Abfindungen u.ä. entfallen sowie
- keine Kündigungsfrist, was sich positiv auf Bedarfsplanung und Kosten auswirkt.
Diese Vorteile überwiegen zwar in der Regel – einige Nachteile, beziehungsweise Risiken, birgt die Beschäftigung von freien Mitarbeitern für Arbeitgeber allerdings doch. Dazu zählen vor allem:
- Stets neue Einarbeitung, die vor allem zum Projekt- oder Arbeitsbeginn Mitarbeiter bindet und Zeit kostet.
- Geringeres Teamgefühl, das sich auf das Betriebs- bzw. Arbeitsklima auswirken kann, gegebenenfalls verbunden mit geringerem Maß an Loyalität.
- Unsicherheiten in der Planung, da freie Mitarbeiter in der Regel mehrere Auftraggeber haben und nicht immer zum gewünschten Zeitpunkt verfügbar sind.
Vor- und Nachteile für Auftragnehmer
Auch als Auftragnehmer solltest du dir darüber bewusst sein, dass freie Mitarbeit nicht nur Vorteile hat. Auch wenn diese auf den ersten Blick überzeugen:
- weitgehend freie Zeit- und Arbeitseinteilung, erleichtert z.B. die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Hobby
- du entscheidest, ob und mit wem du zusammenarbeitest und kannst Aufträge oder Kunden ablehnen
- entspanntes Arbeiten, theoretisch an jedem Ort, oftmals ohne Dresscode
- viel Abwechslung, sowohl im Hinblick auf Aufträge als auch bezüglich der Kunden
- du setzt deinen Preis fest und kannst bei jedem neuen Auftrag oder Kunden neu verhandeln
Dem gegenüber steht, dass du als Freelancer auf die Annehmlichkeiten des Angestelltendaseins verzichten musst. Dazu zählen beispielsweise:
- Anspruch auf Kündigungsschutz
- anteilige Übernahme von Sozialabgaben
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
- Mutterschutz
- Anspruch auf bezahlten Urlaub
- Sonderleistungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld usw. sowie
- unklare Einkommensverhältnisse
Achtung: Kostenfalle Scheinselbstständigkeit
Ein weiterer Nachteil freier Mitarbeit ist, dass sie einer Überprüfung auf Scheinselbstständigkeit standhalten sollte. Umgangssprachlich ist damit die Vermutung gemeint, dass ein/e Mitarbeiter/in zwar offiziell als Freelancer bezeichnet wird, im Grunde aber ein abhängiges Arbeitsverhältnis besteht. Diesem Verdacht ausgesetzt sind vor allem (aber nicht nur) Selbstständige mit einem oder wenigen Auftraggebern.
Das Thema Scheinselbstständigkeit berührt mehrere Rechtsgebiete, darunter das Arbeitsrecht, das Sozialversicherungsrecht und das Steuerrecht. Das bedeutet auch: Verstöße gegen diese Rechtsnormen können Konsequenzen nach sich ziehen. Grund genug, dich mit diesem Thema ausführlicher zu beschäftigen.
Folgen für den Auftraggeber
Scheinselbstständigkeit kann für Auftraggeber rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Da der betroffene Mitarbeiter nicht mehr als Selbstständiger betrachtet werden kann, wird er von sämtlichen Behörden als Angestellter behandelt. Für Auftraggeber bedeutet das:
- rückwirkend sämtliche Haftungs- und Zahlungsverpflichtungen wie für Angestellte
- bis zu vier Jahre rückwirkend Beiträge zur Sozialversicherung, ggf. plus Säumniszuschläge
- bis zu vier Jahre rückwirkende Forderung von Lohnsteuerzahlungen (bei Vorsatz: bis 30 Jahre plus Bußgelder und Gefängnisstrafen)
- Vorsteuerabzug unzulässig, Rückzahlung der ausgewiesenen Vorsteuerbeträge
Darüber hinaus gilt: Sobald eine Scheinselbstständigkeit festgestellt ist, gelten sämtliche Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern.
Folgen für den Auftragnehmer
Auch für Auftragnehmer hat eine Scheinselbstständigkeit unangenehme Folgen. Dazu zählen:
- Verlust der Selbstständigkeit
- viele Behördengänge, z.B. Abmeldung des Gewerbes, Beendigung der IHK-Mitgliedschaft
- Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge können von künftigen Gehältern abgezogen werden
- Berichtigung von Rechnungen, Rückzahlung der Vorsteuer an das Finanzamt
Wird bei dir eine Scheinselbstständigkeit festgestellt, hat das allerdings auch einen großen Vorteil: Du genießt umgehend den Schutzstatus eines Arbeitnehmers und erhältst ihn auch rückwirkend bis zum Beginn deiner freien Mitarbeit.
Wer prüft Scheinselbstständigkeit – und wann?
Scheinselbstständigkeit zählt nach geltendem Recht zur Schwarzarbeit und wird entsprechend geahndet. Eine Prüfung kannst du bei Unsicherheit selbst beantragen. Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass ein Auftraggeber, ein Konkurrent oder eine Krankenkasse eine Prüfung auf Scheinselbstständigkeit fordert. Durchgeführt wird das sogenannte Statusfeststellungsverfahren von der Clearing-Stelle des deutschen Rentenversicherungsbundes. Ihre Entscheidung gilt als bindend für alle Träger der gesetzlichen Sozialversicherung.
Test: Zähle ich zu den Scheinselbstständigen? 6 Fragen klären auf!
Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Umso wichtiger ist es für Selbstständige, schon den Anschein einer Scheinselbstständigkeit zu vermeiden. Dazu solltest du die Kriterien für Scheinselbstständigkeit kennen:
- dauerhaft ein einziger Auftraggeber, der 5/6 des Umsatzes liefert sowie
- keine regelmäßige Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer.
Wenn du herausfinden willst, ob du vielleicht unwissentlich in die Scheinselbstständigkeit gerutscht bist, beantworte die folgenden Fragen:
- Bestimmst du selbst über Arbeitszeit, -ort und -organisation?
- Arbeitest du frei von Weisungen und Leistungsnachweisen?
- Ist dein Arbeitsplatz frei von Hard- und Software, mit der dich dein Kunde kontrollieren kann?
- Trittst du nach außen als Selbstständige/r auf?
- Nutzt du eigenes Briefpapier/einen eigenen Briefkopf/eigene Visitenkarten/eine eigene Website?
- Betreibst du selbst Kundenakquise und Marketing?
Kannst du die meisten dieser Fragen mit „ja“ beantworten, liegt wahrscheinlich keine Scheinselbstständigkeit bei dir vor.
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